Warum hat der Mensch vor vielen tausend Jahren gerade den Wolf zu seinem Freund auserwählt und ihn mit anhaltender Begeisterung nach seinen Vorlieben gezüchtet? Vor einer halben Millionen Jahren
waren Menschen und Wölfe gleichermaßen erfolgreiche Jäger, die sich über den ganzen Globus ausbreiteten. Die Menschen töteten die Wölfe wegen ihres Fleisches und ihres Fells, und Wölfe töteten
wahrscheinlich auch Menschen. Aber ein einzelner Mensch konnte ohne Hilfe kein großes Tier erlegen. Auch ein einzelner Wolf nicht. Also mussten beide in Gruppen jagen. Dies hatte zur Folge, dass
beide hochkomplizierte soziale Systeme entwickelten, um ein Zusammenleben ohne ständigen Konkurrenzkampf zu ermöglichen.
Der gezähmte Silberfuchs
Die außerordentlichen Team- und Jagdfähigkeiten des Wolfes haben vielleicht zum ersten Bündnis zwischen Mensch und Wolf geführt. Doch wie haben die Menschen die Wölfe dazu gebracht, Ihnen bei der
Jagd zu helfen? Wie lange hat es gedauert, bis Fügsamkeit zu einem Zuchtmerkmal wurde? Ein paar hundert Jahre? Nein, viel weniger - glaubt man einem russischen Forscher, der in den 70er Jahren in
einer sibirischen Fuchsfarm arbeitete. Die Silberfüchse waren ziemlich wild und aggressiv. Die Züchter wählten die fügsameren unter den Welpen aus und züchteten sie weiter. Nur zwanzig
Generationen später war aus einem Wildtier ein völlig zahmes Haustier geworden. Ganz nebenbei veränderte sich in dieser Zeit auch das Aussehen der Füchse. Das Fell war nun schwarz-weiß gefleckt,
die Ohren hingen und der Schwanz ringelte sich. So mag es auch den Hunden ergangen sein. Der Zufall hat ihr Aussehen wohl genauso bestimmt wie die Absicht der Züchter.
Vor 4000 Jahren in Ägypten
Schon die alten Ägypter befassten sich ausgiebig mit Tierzucht. Vor viertausend Jahren hatten sie es bereits zu einer großen Vielfalt an Hunderassen gebracht. Die verbreitetste Darstellung auf
altägyptischen Fresken sind Jagdhunde: groß, aufrechte Ohren, starke Sehkraft. Sie dienten hauptsächlich der Jagd auf Gazellen. Ihre moderne Entsprechung ist der Pharaonenhund. Auf Ibiza leben
Jagdhunde, die wohl direkte Nachfahren der ägyptischen Hunde sind. Ihre Ahnen sollen vor langer Zeit direkt vom Nil auf die Insel Ibiza gekommen sein. Die alten Ägypter hingen so sehr an ihren
Vierbeinern, dass sie sie nach dem Tod mumifizierten und in einem Sarkophag beerdigten.
Hunde zum Verzehr
Die Chinesen liebten ihre Hunde ganz besonders. Zur Zeit der Han-Dynastie vor zweitausend Jahren züchteten sie ihre Pekinesen so klein, dass sie in einen Kleiderärmel passten. Erzählungen nach
dienten sie auch als Wachhunde. Kam ein Bösewicht zu nahe, schlüpfte der Pekinese aus dem Ärmel und biss zu. Die Popularität der Pekinesen nahm mit der Verbreitung des Buddhismus in China zu. Die
Pekinesen wurden so gezüchtet, dass ihre Gesichter dem Buddha-Löwen ähnlich sahen. Doch die Beziehung zwischen Mensch und Hund war nicht immer glücklich. Die alten Chinesen züchteten ebenso
Chow-Chows, die zum Verzehr bestimmt waren. In der Mandschurei gab es sogar fabrikmäßige Hundefarmen. So kommt es, dass im Englischen das Wort "chow" gleichbedeutend ist mit "Essen".
Kampfhunde im römischen Reich
In römischer Zeit waren Hunde Hirten-, Wach- und Jagdhunde. Kriegshunde waren wohl ursprünglich eine keltische Erfindung, die die Römer bei der Eroberung Britanniens übernahmen. Eine besondere
Jagdhundrasse war die Dogge: groß, schwer und wild. Die Römer nahmen sie mit in die Schlacht oder schickten sie zum Kampf in die Arenen. Die bedauernswerten Kreaturen mussten im alten Rom oft
mehrere Tage hungern, bevor sie in den Kampf geschickt wurden. Auch im eigenen Haus kamen Hunde immer mehr in Mode. Die Römer verfeinerten die Kunst der Auslesezucht. Doch die Zeiten änderten
sich, und mit dem Zerfall des Römischen Reiches verwilderten ganze Rudel herrenloser Hunde.
Oft fielen Hunde Menschen an, oder machten sich an Gräbern zu schaffen. Interessanterweise reichen Wolfsmärchen bis in diese Zeit zurück, ebenso die Legenden von Werwölfen. Vielleicht waren nicht
die Wölfe die Übeltäter, sondern eben verwilderte Haushunde!
BBC Doku: Waldis wilde Wurzel
Als Wolf war er der Feind des Menschen. Als Hund wurde er zu seinem Freund. Und das ganz freiwillig. Neueste Forschungen zeigen, dass er uns besser versteht, als wir glauben. Vielleicht wird er
sogar irgendwann mit uns sprechen können . . .
Spione sind sie, die aus der Kälte kamen. An unsere Lagerfeuer haben sie sich geschlichen, in unsere Pfahlbauten, in unsere Herzen. Sie belauschten unsere Sprache, unsere Sitten und Gebräuche.
Schlau passten sie sich unseren Vorlieben und Abneigungen an, formten sich nach unserem Bilde. Jetzt droht ihre Tarnung aufzufliegen. Vor einigen Jahren stellten die amerikanischen Biologen
Raymond und Lorna Coppinger die These auf, nicht der Mensch habe den Hund domestiziert, sondern der Hund sich selbst. Dessen Vorfahren seien von ihrem Rudel verstoßene Wölfe gewesen, die sich um
menschliche Siedlungen scharten und von Abfällen nährten. Wer überleben wollte, musste freundlich sein, die Sitten der Zweibeiner beachten und immer die Augen offen halten.
"Der Wolf", fasst Professor Vilmos Csányi in seinem Budapester Büro zusammen, "musste soziales Verständnis entwickeln." So wurde der Wolf zum Hund. Durch die Labore und Flure des Professors
tollen Welpen. Sie robben, rutschen und schnuppern übers Linoleum, wuffen und fiepen, rollen sich zusammen unter Spültischen und Computern. Vor 30 Jahren hat Csányi das Institut begründet, aber
erst 1994 wandte er sich jener Spezies zu, die so vertraut schien und doch so fremd war: dem Haushund, Canis lupus familiaris.
Er konnte darauf aufbauen, dass der Hund seit Jahrtausenden jeder Regung des Menschen seine ganze Aufmerksamkeit widmet. Kein anderes Tier hat ein vergleichbares Geschick entwickelt, menschliche
Signale zu deuten und das eigene Verhalten danach auszurichten. Von Geburt an, hat Professor Csányi denn auch in Experimenten festgestellt, seien Welpen in der Lage, aus der Körpersprache der
Versuchsleiter Hinweise auf verstecktes Futter zu lesen, ihren Blicken und Gesten zu folgen - sogar dann, wenn der Helfer nur als Filmprojektion oder auf dem Videomonitor sichtbar war.
Während ihr Stammvater, der Wolf, ums Überleben kämpft - auf 130 000 Tiere wird der frei lebende Bestand geschätzt -, genießen Hunderte von Millionen Hunden seit der Fusion mit dem Unternehmen
Mensch das sorglose Leben an der Seite des stärkeren Partners. Eine unglaubliche Rarität, diese Symbiose zwischen Nahrungskonkurrenten! Eine freundliche Übernahme, die dem Menschen Zuneigung
einbringt und dem Hund Fürsorge, Obdach und Futter - allein in Deutschland für 800 Millionen Euro im Jahr.
Wahrscheinlich begann die hündische Invasion der Menschenwelt vor 15 000 Jahren in Ostasien. Dort fand der schwedische Molekularbiologe Peter Savolainen bei seinen DNS-Sequenz-Analysen an 654
Hunden die größte Ausdifferenzierung im Erbmaterial. Der Zoologe Robert K. Wayne von der University of California in Los Angeles setzt den Beginn der Liaison von Wolf und Mensch mindestens 25 000
Jahre früher an. Jedenfalls war Zeit genug für eine "Ko-Evolution", die im Lauf der Zeit beiden Partnern in Fleisch und Blut überging.
Um die Bedingungslosigkeit der hündischen Liebe zu prüfen, genügte Csányis Leuten ein einfacher Versuch. Dreizehn Wolfs- und zwölf Hundewelpen wurden, bevor sie noch die Augen öffneten, ihren
Müttern entzogen und in die Obhut von Doktorandinnen gegeben. Sie bemutterten die jungen Caniden monatelang, 24 Stunden am Tag, pressten ihnen mikrowellenwarme Nuckelflaschen an die stumpfen
Schnauzen und nahmen sie nachts sogar mit ins Bett. Nach ein paar Wochen wurden die Welpen auf eine Filzmatte gesetzt, an deren Enden sich eine Frau und ein stoischer Belgischer Schäferhund
postiert hatten. Die kleinen Pelzknäuel, plötzlich auf dem Filz gelandet, fühlten sich unübersehbar elend. Doch schließlich suchten sie Zuflucht: die Wolfsjungen meist beim Schäferhund, die
Hundebabys bei der Frau.
Weil die kleinen Hunde ebenso wie die Wölfe dieses Experiments in gleich innigem Kontakt zum Zweibeiner heranwuchsen, sich dann aber unterschiedlich verhielten, ist, so folgern die Gelehrten, das
Subjekt ihrer Wahl, ihrer Liebe offenbar vererbt.
Seit Jahrtausenden hat der Hund hinter den menschlichen Linien operiert und unsere Verhaltenscodes geknackt. Seine Beobachtungsbasis ist unsere Familie, sein Biotop ist unser Heim. Hier erschuf
er sich nach menschlichem Bild und hat dabei, fast unvermeidlich, findet Vilmos Csányi, ein Sozialverhalten entwickelt, das sich jenem von Herrchen und Frauchen immer mehr angeglichen hat. "Ich
wage zu behaupten", sagt der Forscher, "dass sich der Hund gegenwärtig in einem vormenschlichen Stadium befindet."
Während etwa Schimpansengruppen sich bis heute in Machtkämpfen verzetteln, habe der Hund schon die Fähigkeit zur Unterordnung, zum Triebaufschub und zur Arbeitsteilung erworben. Er könne sogar,
sagt Csányi, Befehlsstrukturen variieren und den Grad seines Gehorsams der Aufgabe anpassen.
In einer Schule für Blindenhunde hat der Budapester Professor die gemeinsamen Wege von Herr und Hund verfolgt, hat dazu Hunderte von Videostunden vor dem Monitor gerätselt, bis er das Geheimnis
der Zusammenarbeit von Zwei- und Vierbeiner entschlüsselt hatte: Etwa die Hälfte aller Entscheidungen im Straßenverkehr traf der Mensch, die andere der Hund. "Eine Ratte oder ein Zebra will
entweder immer entscheiden oder nie", sagt Csányi. "Nur Hunde und Menschen kennen diesen sanften Rollentausch. Die Abwechslung von Dominanz ist die Grundlage ihrer Kooperation."
"Der Hund", sagt Professor Csányi, "ist eben kein gewöhnliches Tier mehr, sondern ein künstliches Wesen." Eines, das seine Beziehung zum Menschen nicht als die eines Rudelmitglieds zum Leittier
betrachte, wie viele Forscher bislang vermuteten - sondern als die eines Kindes zu seinen Eltern. Das sichere Futter aus Menschenhand hat dem Hund erlaubt, Ernst und Effizienz des Jägers zu
vernachlässigen. Das tägliche Tollen mit Menschen, glaubt der Biologe Marc Bekoff von der University of Colorado in Boulder, habe so im Lauf der Evolution das Repertoire des Hundes bereichert:
Bei Versuchen in seinem Labor stellte er an Hundewelpen ein weit abwechslungsreicheres Spielverhalten fest als an jungen Wölfen. Und im Gegensatz zum Wolf behält der Hund den Spieltrieb auch im
Alter bei, bleibt neugierig, lernfähig und ohne Angst vor anderen Arten.
Das könnte bedeuten: Im Spiel hat der Hund uns auch die Abstraktion abgeschaut. Nur Hunde und Menschen seien in der Lage, Regeln und Rituale zu verstehen und sich nach ihnen zu richten, sagt
Vilmos Csányi.
Die hündische Liebe zur Regel, hofft Csányi, könnte das Tier eventuell zum Dialog mit dem Menschen befähigen: "Der Hund setzt Handlungsmuster ein, um sich zu verständigen. 20 bis 30 solcher
Rituale könnten ein primitives Kommunikationssystem bilden." Bereits jetzt, das ermittelte Csányis Team bei einer Umfrage unter Hundehaltern, verstehen Hunde durchschnittlich 30 Wörter der
menschlichen Sprache.
Das Gekläff, glaubt Vilmos Csányi, sei nichts anderes als der Versuch, menschliche Worte zu imitieren. "Ihr soziales Verständnis ist so scharf und komplex", sagt er, "dass es ihnen leicht fallen
müsste, eine einfache Sprache zu erwerben." Während der Wolf nur spärlich und eintönig belle, sei "die Vokalisation des Hundes so variabel, dass sie die Grundlage für ein sprachähnliches System
werden könnte", vermutet Csányis Mitarbeiter Péter Pongrácz. Bereits 1936 berichtete der Tierpsychologe Johan Bierens de Haan von einem Hund, der so etwas wie "Hunger" gebellt haben soll.
Mittlerweile hat die kalifornische Wissenschaftlerin Sophia Yin Spektogramme von über 4600 hündischen Lautäußerungen analysiert, die sie mit 80-prozentiger Trefferquote bestimmten Situationen
zuordnen konnte: das hohe, vereinzelte Bellen etwa, wenn Herrchen außer Sicht ist; das harsche, tiefe Bellen beim Ertönen der Türklingel. "Rund zweihundert Vokabeln sind nötig, um ein primitives
linguistisches System zu entwickeln", sagt Csányi voller Zuversicht. "Affen und Papageien haben es bislang nur auf etwa 150 gebracht."
Und so könnte das bewährte Joint Venture zwischen Mensch und Hund eines Tages nicht mehr nur eine Frage des Verhaltens sein. Sondern eine Sache der Verhandlung.
Dieser Artikel ist ein gekürzter Beitrag aus der Ausgabe des Magazins GEO WISSEN Text: Jörg Uwe Albig
Wie begann der Mensch Nutzen aus der Verbindung Mensch-Wolf zu ziehen?
Allgemein glaubt man, dass ein Mann diese erste Domestikation in der Geschichte der Menschheit vollzogen hat. Man hat gedacht, dieser Wolf hätte den Männern für ihre Jagd oder zur Verteidigung
dienen müssen. Und deshalb habe ein Mann in weiser Voraussicht, natürlich kann das auch nur ein Mann, hat diese Domestikation durchgeführt. Aber es spricht vieles dafür, dass es nicht so sein hat
können, weil zur Domestikation gehört auch, und das ist es, was einen Hund aus macht, eine enge soziale Beziehung, Schafe, Rinder, die haben nicht eine so enge soziale Beziehung zum Menschen,
aber der Hund hat diese enge soziale Beziehung zum Menschen und die muss aufgebaut werden in sehr frühem Alter.
Wenn man Wölfe in sehr frühem Alter wegnimmt, dann kann man sie sozialisieren, da kann man sie auf den Menschen sozial prägen, man muss das aber sehr früh machen, in der Geschichte der Welpen,
sie dürfen nicht älter als zwei Wochen alt sein. Und in diesem Alter sind sie voll und ganz noch von Milch abhängig und damals gab es ja noch keine anderen Haustiere, die Männer hatten, ihnen
stand Milch nicht zur Verfügung. Also muss es eine Frau gewesen sein, denn sie war die einzige die im Besitz einer Milchquelle war und wenn sie so einen Welpen an die Brust gelegt hat, dann hat
sie das bestimmt nicht in irgendeiner weisen Voraussicht, dass man diesen Wolf eines Tages nutzen kann, sondern sie hat es bestimmt aus rein emotionalen, jetzigen Gründen gemacht. Weil sie das
Gefühl hatte, diesem Welpen zu helfen, zu schützen, zu versorgen.
Vor 15 tausend Jahren als diese Geschichte vermutlich stattgefunden hat, dass war eine Zeit, wo es sehr kalt war in Europa, vermutlich ist es auch irgendwo hier in Europa passiert, möglicherweise
in Mitteleuropa, die ältesten Funde, die wir haben, die stammen eben aus Deutschland sogar, aus einem Doppelgrab bei Oberkassel, ein Mann, eine Frau und neben dieser Frau ein Hund begraben worden
sind. Auch das spricht dafür, wenn es der Hund des Mannes gewesen wäre, dann hätte man diesen Hund neben den Mann gelegt, aber man hat diesen Hund neben der Frau hingelegt in diesem Grab. Also
auch dass spricht dafür, das es eben eine Frau war.
Aber in dieser Zeit, vor 15 tausend Jahren etwa, war hier reine Tundra, hier wo wir jetzt sind lag paar hundert Meter Schnee, Eis, das war die Eiszeit. Und in dieser Zeit jagte man in der offenen
Fläche, in der offenen Tundra und da nützt ein Hund..... ich weiß, ich bin selber Jäger und ich weiß, dass man mit einem Hund in der offenen Landschaft, wenn man nicht zu Pferd ist oder sehr
schnell ist, überhaupt gar kein Nutzen hat. Dort hat man auf eine ganz andere Art und Weise gejagt, auf diese großen riesigen Renntierherden gewartet, die unterwegs waren. Man hat sich in
Hinterhalt gelegt und sie aus nächster Nähe mit Sperrschleudern erlegt. Oder man hat an den Flüssen gewartet und wenn die Renntiere dann halbwegs über den Fluss gekommen ist, dann schnell mit dem
Boot hingepaddelt und dann hat man sie einfach im Wasser mit einer Keule erschlagen.
Auf diese Weise konnte man sehr viel Beute und sehr viel Fleisch bekommen. Für viele Monate, vielleicht ein halbes Jahr, ein Jahr hat das dann gereicht. Für diesen Stamm und diese Menschen waren
damals auch relativ gesund, sehr geschickt, phantastische Steinmetze, haben wunderschöne Waffen und Werkzeuge aus Stein hergestellt. Sie haben schöne Bilder in den Grotten und auf Schiefertafeln
gemalt. Das war eine hochstehende Kultur. Und diese Kultur hat vermutlich auch Kapazitäten übrig gehabt, für andere Zwecke, für Luxus und diese Zähmung und diese Sozialisation der ersten Wölfe,
die vermutlich lange Zeit, vielleicht tausende Jahren zuvor um die Camps herum gelebt haben und von den Resten dieser Jäger gelebt haben und auf einmal, hat man sie zu sich genommen, hat sie an
die Brust gelegt und aus diesen ersten Welpen sind dann die ersten Hauswölfe geworden. Die erst einmal zu keinem Nutzen waren, aber erst langsam, wo die Bedingungen auch etwas schlechter worden,
mussten sich diese ersten Hauswölfe auch bewähren, da mussten sich auch das Brot, das sie vom Menschen bekamen, bezahlen und das ist dann eine andere Geschichte.
Das ist dann die erste Nutzung des Hundes. Aber der Grund für die erste Sozialisation des Wolfes, also der Anfang, die Initialzündung zu dieser ersten Domestikation in der Geschichte der
Menschheit, zu diesem ersten Haustier und zu einem völligen Wandel, zu einem Kulturwandel in der Geschichte der Menschheit, die ging, da bin ich voll und ganz davon überzeugt, von einer Frau aus.
Und zwar ohne weiteren Hintergedanken, sondern nur im momentanen Zeitlichkeitsgefühl, diese Welpen sind mit ihren runden Köpfen und sie riechen so gut und sie sind wirklich sehr niedlich. Und
irgendeine Frau hat ihn dann an die Brust gelegt.
Ist es möglich, dass ein gezähmter Wolf dem Menschen bei der Jagd geholfen haben könnte? Wenn ja, wie hat man Wolf unter Kontrolle gebracht, damit er die Beute nicht sofort
auffraß?
Also, ich habe ja nun viele zahme Wölfe im Laufe meines Lebens gehabt und die Vorstellung allein, dass ich einem Wolf die Beute hätte abnehmen können, wenn er zum Beispiel ein Rehkitz oder einen
Hasen erbeutet hat, ist einfach lächerlich. Das ist so unmöglich, die sind derart verteidigend und sehr futteregoistisch. Sie teilen nicht mit einem Menschen, sie würden ihrem Welpen was
zubringen, das ist eine andere Geschichte, aber ich bin keine Welpe von ihnen. Ich bin vielleicht ein Mitglied des Rudels von ihnen und der bekommt nichts ab, wenn es nicht ein sehr großes Stück
ist, was er erlegt. Aber ein kleines Stück.. Nein, ich glaube nicht, dass es die Jagd war, ich glaube nicht, dass es einen Nutzen hatte erst einmal. Wir gingen immer davon aus früher, dass es
nützlich sein sollte. Natürlich in der Geschichte, hat man immer gedacht, immer waren es die Männer, die die Taten vollbrachten und immer war es zu irgendeinem weitreichenden Ziel. Aber ich
glaube viel mehr an eine Zufälligkeit im Laufe der Geschichte.
Was unterscheidet den Jagdinstinkt des Wolfes von dem des Hundes?
Also, der Wolf ist jagdlich gesehen ein Alleskönner, er kann alles. Er ist der Vielkämpfer, der Zehnkämpfer unter den Caniden. Er kann Mäuse jagen, er kann Hasen jagen, er kann Rehe jagen, er
kann Wildschweine jagen, er kann Schafe jagen, er kann Hirsche jagen, er kann Wisente jagen, Elche jagen, Bisons, alles kann er erlegen. Das ist im Tierreich einmalig, diese Vielfalt, diese
enorme Spanne, diese enorme Beutespanne, die er zur Verfügung hat. Das ist das typische des Wolfes, der Nachteil dieser Jagdweise ist, dass er nicht spezialisiert ist. Er kann alles gut, aber er
kann nichts perfekt. Unsere Hunde, unsere Jagdhunde, die können einiges perfekt, aber vieles überhaupt nicht mehr oder ganz wenig. Das sind die Spezialisten, das sind die 100-Meter-Läufer, die
Stabhochspringer oder die Kugelstosser, wenn man das auf den sportlichen Bereich übertragen würde. Die können Vorstehen, wunderschön, sie können Stöbern, sie können Apportieren, sie können in den
Fuchsbau rein und mit so kurzen Beinen dann dem Fuchs in diesem Bau nachstellen. Dafür sind sie Spezialisten, aber dieses ganze Spektrum der Jagdfähigkeit, der Jagdmöglichkeiten, die der Wolf
hat, das hat kein Hund.
Wieweit steckt der Jagdtrieb der Wölfe noch heute im Hund? Handelt es sich noch um einen Urinstinkt?
Sie müssen mit so einem Begriff sehr vorsichtig sein, Urinstinkt...Der Wolf ist der Stammvater des Hundes, alle Hunde stammen vom Wolf ab und alle Hunde haben sehr viel vom Wolf behalten, es hat
sich zwar einiges verändert in diesen 15 tausend Jahren, es sind kleine Hunde geworden, große Hunde geworden, dicke Hunde, dünne Hunde, u.s.w., kurzschnauzige, langschnauzige, langohrige,
hängeohrige, schwarze, weisse, gelbe, grüne, was weiss ich..., Hunde geworden, mit langen Haaren, mit kurzen Haaren, mit Rollschwanz und mit hängendem Schwanz, all das ist im Laufe der 15 tausend
Jahre passiert. Aber das sind Äußerlichkeiten, im Inneren ist der Hund weitgehend noch Wolf geblieben.
Das charakteristische für den Wolf ist seine Vielseitigkeit, seine Anpassungsfähigkeit, typisch für den Wolf auch seine hohe Sozialität, er muss zusammen mit anderen Wölfen leben, sonst geht er
zu Grunde, sonst geht er auch emotional zu Grunde. Er ist territorial und er ist ein Jäger und was ist der Hund? Er ist ein Jäger, er ist territorial, Hunde bellen, wenn Leute in den Garten
kommen und er ist außerordentlich sozial. Genauso wie der Wolf es auch ist, er ist anpassungsfähig, er ist sehr vielseitig. Also im Inneren, im Kern des Hundes steckt noch sehr stark der Wolf.
Und das müssen wir auch im Umgang mit dem Hund zur Kenntnis nehmen, wir gehen mit dem Hund so um, als wäre er ein Mensch, das ist völlig, völlig falsch. Wir müssen mit dem Hund umgehen, als wäre
er ein Wolf und wir wären ein Teil eines Wolfsrudels. Nur dann können wir dem Hund gerecht werden. Und damit nicht nur dem Hund gerecht werden, sondern auch unsere Bedürfnisse nach einer guten
Beziehung mit unserem Hund und den Bedürfnissen der Gesellschaft nach einer friedfertigen und ausgeglichenen Beziehung zwischen Mensch und Hund. Und da liegt halt sehr viel im Argen, die einen
wollen den Hund wie ein Klappmesser runterdrücken und beherrschen und die anderen wollen ein Kind- oder Partnerersatz haben. Beides ist völlig falsch. Das verkennt das Wesen des Hundes. Der Hund
ist im Kern seiner Seele noch ein Wolf geblieben.
Wie funktioniert eine Meute?
Also eine Jagdmeute, wie wir sie z.B. bei den Foxhounds in England haben, die funktioniert nicht viel anders als in einem Wolfrudel. Nur mit dem einen Unterschied, dass Hunde für einen speziellen
Zweck gezüchtet worden sind, wie z.B. für die Fuchsjagd. Und sie interessieren sich dann überhaupt nicht mehr dafür, wenn da ein Fasan hochspringt oder da ein Hirsch wegläuft. Dann haben sie auch
dafür kein Interesse, sie haben nur eines im Kopf, diesem Fuchs nachzugehen. Aber das tun sich, so wie Wölfe häufig auch, in ihrem Rudel alles nachgehen, also da ist noch viel Wölfisches noch
übrig geblieben.
Glauben Sie, dass in der Stadt gehaltene Hunde unglücklich sind?
Also, es ist sehr schwierig, was jetzt Glück ist bei einem Hund? Was ist Leiden im Tierreich? Wir können nicht das nachfragen. Wir können nicht fragen: Bist Du glücklich Josha oder Lilli? Lilli!
Wo bist Du denn? Die ist schon abgehauen...Nein, das können wir nicht nachfragen. Was wir machen können, ist zu beobachten, was tut ein normaler Hund im Laufe von 24 Stunden? Dann stellen wir
fest, dass ein normaler Hund mit anderen Hunden spielt, mit Herrchen, Frauchen unterwegs ist, nachts mit anderen Hunden zusammen schlafen würde, wenn er das könnte, dass er frisst, dass er ein
bisschen jagt, herumstöbert, alles dass, muss dann auch ein glücklicher Hund haben. Und wenn wir das einem Hund nicht bieten können, wenn wir einen Hund allein halten.
Ich halte, das Halten von einem Hund allein für Tierquälerei, weil es entspricht nicht dem Wesen des Hundes, dass so ein soziales Wesen ist, allein zu leben, nachts allein zu sein. Die meisten
müssen ja, Gott sei Dank, nachts allein sein, die gehören nicht ins Bett, weil dort entwickeln sie dann ganz andere Marotten und Verhaltensweisen, die für die Beziehung zwischen Mensch und Hund
nicht in Ordnung ist. Aber weil sie nicht dort hinein gehören, müssen sie den Ersatz haben, andere Hunde zu haben. Wir gehen voll und ganz von unseren eigenen Bedürfnissen aus, wir denken wir
Menschen sind voller Ersatzsozialpartner für den Hund und das ist völlig falsch. Der Hund braucht uns Menschen, ganz zweifellos, als eine Form von Sozialpartnerschaft, aber er braucht auch andere
Hunde als eine andere Form von Sozialpartnerschaft. Und deswegen plädiere ich vehement dafür, wenn man schon einen Hund kann und dafür gibt eine Voraussetzung, man muss viel mit dem Hund
unterwegs sein, man muss ihm viel Auslauf bieten, man muss ihm viel Sozialkontakt auch mit fremden Hunden bieten können. Wenn ich das aber kann und all das beherrsche, dann sollte ich mir einen
zweiten Hund unabdingbar zulegen. Ich glaube, das ist notwendig, aber das setzt eben voraus, dass ich schon mit einem fertig werden kann. Leider ist das heute in unserer Gesellschaft eher der
seltene Fall, das Menschen mit dem Hund richtig umgehen können. So leicht es ist mit einem Hund, die machen es uns so einfach. Wir machen uns verrückt mit unseren vielen Gedanken und
Überlegungen. Im Grunde ist diese Partnerschaft zwischen Mensch und Hund eine sehr simple. Wir müssen nur uns auf den Hund einstellen und nicht erwarten, dass sich der Hund auf uns als Mensch
einstellt.
Was halten sie von der Zucht spezieller Rassen? Wo liegt der Sinn/Unsinn der Züchtung durch den Menschen?
Also ich war vor kurzem in Dortmund auf der Hundeausstellung und es ist einfach widerwärtig und unerträglich, was aus dieser tollen Erbschaft des Hundes, was wir da für einen Popanz mit dem Hund
machen. Schauen sie mal Hunde an, die sind so riesengroß, dass sie aus allen Rahmen sich sprengen und innerhalb von wenigen Jahren wieder sterben werden. Wir züchten absichtlich Hunde, die nicht
einmal die Hälfte der Lebenserwartung eines normalen Hundes von etwa 15 Jahren, erlangen. Bei den Doggen oder bei den Irischen Wolfhunden.
Wir züchten Hunde, die so klein sind, Miniaturform, dass sie gar nicht mehr laufen können, gar nicht mehr schnaufen können, wir züchten Hunde, die keine Schnauze mehr haben, die nicht mehr Luft
hinein bekommen, die ihr Leben lang nach Luft ringen müssen und das wird alles stolz präsentiert und prämiert. Und das ist einfach unerträglich, was wir mit den Hunden machen. Hunde, die nicht
ihre Augen zumachen können, weil die Augen zu groß geworden sind oder denen die Augen immer wieder aus den Augenhöhlen rausfallen. Wo sind wir denn? Hunde, die nicht mehr gebären können, Hunde
die nicht mehr ihre Welpen zeugen können, nicht mehr ihre Welpen aufziehen können.
Es ist wirklich verheerend und es ist wirklich eine Frage mit der Zeit, ob es nicht nur eine Frage des Tierschutzes ist, der Tierschutz hat in diesem Fall völlig versagt. Sie kümmern sich darum,
ob Hunden der Schwanz kupiert werden darf oder nicht. Ich finde es richtig, sie dürfen es nicht. Es ist idiotisch einem Hund den Schwanz zu kupieren oder die Ohren hochzustellen. Aber es ist eine
Lächerlichkeit im Vergleich dazu, was wir etwa bei Möpsen, bei Pekinesen, bei Englischen Bulldoggen, Irischen Wolfshunden oder bei Chihuahuas heute erleben. Das ist ein Skandal, eine Schande für
unsere Kultur.
Text: Dogsworld: Interview mit dem Wolfsforscher Erik Zimen im Bayerischen Wald
Es sind mehrere tausend Jahre vergangen, seit Mensch und Wolf zu Partnern geworden sind. Im Lauf der Domestikation wurden sie zu Jagdgefährten und schließlich zu Freunden. Doch wie viel Wolf
steckt noch im Hund? Wir kennen zahllose Märchen von Rotkäppchen bis zu Grusel-Geschichten über Werwölfe. Immer wieder wird das Image des bösen Wolfs von neuem beschworen. Die Wahrheit sieht
natürlich anders aus.
Die Familie als Rudel
Man kann ein Wolfsrudel als Gemeinschaft mit strengen Regeln beschreiben. Das Rudel wird von einem einzigen dominanten Paar geführt, dem Alpha-Männchen und dem Alpha-Weibchen. Die Rangordnung
setzt sich in absteigender Hierarchie fort, je nach Alter und Erfahrung. Rangeleien um die Position sind an der Tagesordnung, doch innerhalb des Rudels fügen sich die Wölfe keine ernsthaften
Verletzungen zu. Obwohl jedes Tier im Rang aufsteigen will, findet es sich mit seiner gegenwärtigen Stellung ab. Theoretisch bilden Hundebesitzer mit ihren Familien und dem Hund ebenfalls ein
Rudel, in dem einer die Rolle des Alpha-Tiers übernimmt. Ein Familienmitglied kontrolliert das Futter des Hundes genauso, wie in der Wildnis der Anführer des Rudels den Zugang zum geschlagenen
Beutetier überwacht.
Zuneigung und Furcht
Da wir Rudelführer sind, gehorchen uns unsere Hunde in der Regel. Wir glauben, sie sehnen sich nach unserer Zuneigung. In Wahrheit zeigen sie, dass sie sich unterwerfen. Einige Hunde tun das
immer wieder. Sie rollen sich auf den Rücken, wie in der Wildnis der unterlegene Wolf einem dominanten Tier bewusst seinen empfindlichen Bauch präsentiert. Er gibt damit vor, ein Welpe zu sein,
und ruft bei dem anderen Tier anstelle von Aggression den Beschützertrieb hervor. Wir glauben gerne an die bedingungslose Liebe unserer Hunde, aber in Wahrheit ist diese Liebe oft mit einer Spur
Furcht vermischt.
Von der Beutejagd zum Stöckchen holen
Auch das Apportieren der Beute führt auf eine Eigenschaft der wölfischen Vorfahren zurück: Der Wolf tötet, verschlingt einen Teil seiner Beute und bringt den Rest zu seinem Rudel. Das ranghöchste
Tier zerteilt die Beute und gibt sie weiter an die rangniedrigeren oder schwachen Tiere. Das Verhalten der Wölfe erklärt, warum Hunde so gerne Stöcke apportieren. Es ist, als wollten auch sie uns
wie einen Teil des Rudels versorgen. Die Wölfin versorgt so ihre Jungen, der Hund den Jäger.
Hüter der Schafe
Auch Schafhirten nutzen eine Eigenschaft des Wolfes zu ihrem Vorteil. Wenn Hirtenhunde Schafe umrunden, tun sie das nicht anders als ihre Vorfahren, die Wölfe. Die Art und Weise, wie sie die
Schafe im Auge behalten, wie sie die Schafe orten, sich anpirschen und die Tiere zusammentreiben, all das sind von Wölfen ererbte Verhaltensweisen. Über Tausende von Generationen hinweg haben
Schäfer diese Eigenschaften durch Zucht gefestigt. Am deutlichsten zeigt sich das Wolfserbe in der Art und Weise, wie die Hunde die Herde umlaufen. Auf jeder Seite macht ein Hund einen so großen
Bogen, dass die Schafe zum Teil aus seinem Blickfeld geraten. Damit kommen sie unbemerkt näher heran, ohne die Schafe aufzuschrecken und eine lange Hetzjagd zu vermeiden. Die gezielte Kooperation
der Hunde beim Einkreisen der Herde ist nichts anderes als die erfolgreiche Jagdtechnik der Wölfe.
Viele Eigenschaften unserer vierbeinigen Freunde wie das Apportieren oder Bewachen führen zurück zu ihren wölfischen Vorfahren. Dabei ist beachtlich, was Züchtung leisten kann: Bestimmte
Wolfsverhaltensmuster werden verstärkt, das Angriffs- und Tötungsverhalten dagegen unterdrückt.
BBC Doku: Waldis wilde Wurzeln
Vom Chihauhua bis zur Dogge
Der moderne Hund ist das facettenreichste Tier der Welt und neben dem Menschen das erfolgreichste Säugetier aller Zeiten. Weltweit gibt es über 400 verschiedene Hunderassen, fünf Millionen Hunde
leben allein in Deutschland. Hunde unterscheiden sich gewaltig in Größe, Gestalt und Farbe. Der Große Däne überragt den Chihauhua um ein Siebenfaches. Ein Bernhardiner wiegt fünfzig Mal so viel
wie ein Yorkshire-Terrier.
Die Spürnasen
Mittlerweile gibt es für jedes Bedürfnis den richtigen Begleiter. Den idealen Familienhund, den Jagdhund oder den sportlichen Begleiter für Spaziergänge und Waldläufe. Dabei sind natürliche Kraft
und Eleganz unserer vierbeinigen Freunde nicht zu überbieten. Viele tausend Jahre wählten die Hundezüchter die Eigenschaften des Wolfs aus, die ihnen am besten gefielen und verstärkten sie von
Generation zu Generation. Eine Wolfseigenschaft schätzten die Züchter aller Epochen: den Geruchssinn. Der Hund benutzt wie der Wolf in erster Linie die Nase, nicht die Augen, um seine "Beute" zu
finden. Der Geruchssinn ist deshalb für ihn zur Orientierung genauso wichtig wie für uns die Augen. Ein Schäferhund hat etwa 220 Millionen, ein Mensch gerade mal fünf Millionen Riechzellen.
Spürhunde können sogar einem vier Tage alten Geruch nachgehen.
Der zahme Wolf
Hunde sind mittlerweile überall auf der Welt zu finden, Wölfe dagegen zählen nur noch einige tausend Exemplare. Die größten Anstrengungen sind heute notwendig, um Wölfe überall in Europa wieder
heimisch zu machen. Projekte, die nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Angst und Vorurteile sind geblieben. Als die Menschen sesshaft wurden, töteten sie zum Schutz ihres Viehs ihren alten
Rivalen, den Wolf. Bis an den Rand des Aussterbens. Die Wolfsgene leben mittlerweile im Haushund weiter - einem zahmen Wolf. Er hat sich unseren Bedürfnissen angepasst und handelt weitgehend nach
unseren Wünschen.
Das Kind im Hund
Was der Mensch der Frühzeit wollte, war ein Tier, das ihm half und ihn begleitet. Vor allem fügsam und erziehbar sollte er sein. Eigentlich so wie ein Welpe! Tatsächlich sind unsere Haushunde in
vielerlei Hinsicht Welpen geblieben. Fast alle Hunde spielen gern, erwachsene Wölfe selten. Hunde nehmen verspielte Haltungen ein und führen spielerische Tänze auf. Sie lecken uns das Gesicht,
ebenso lecken Wolfsjunge die Mäuler ihrer heimkehrenden Eltern ab, um sie zum Auswürgen von Nahrung zu stimulieren. Hundefreunden gefällt so was und so werden Rassen gezüchtet, die sogar aussehen
wie Welpen. Doch die Hunde mussten für ihre Abhängigkeit einen hohen Preis zahlen. Ihre Sinne sind weniger geschärft, und weil sie weniger Informationen speichern müssen als ein wildes Tier, ist
ihr Gehirn kleiner.
Man kann vielleicht behaupten, dass die Menschheit Hunde immer nur zu ihren Zwecken benutzt hat. Man könnte aber auch sagen, dass Hunde uns bis heute geschickt manipuliert haben. In gewisser
Weise sind Mensch und Hund immer noch ebenbürtig. So wie früher Wolf und Mensch.
BBC Doku: Waldis wilde Wurzeln
Im Mittelalter war die Blütezeit der Hundezucht. Eine Vielzahl unterschiedlicher Rassen entstand. Hunde kamen wieder in Mode, zunächst aber nur bei adligen Jagdgesellschaften. Jedes Wild wurde
von einem speziellen Hund gejagt. So gab es bereits den Wolfshund. Er war etwas zierlicher als heute, aber immer noch groß und kräftig genug, um einen Wolf zu jagen und zu töten. Zur Hatz auf
Rehwild diente eine geschmeidigere, leichter gebaute Hunderasse, die eher mit einem Windhund vergleichbar ist.
Privileg der Oberschicht
Nichtadligen war der Besitz solcher Jagdhunde verwehrt, sie hatten keinen Zugang zur Jagd und durften die Hunde der Herrschaft nicht einmal berühren. Alles in allem hat die Jagd das Aussehen
unserer modernen Hunde entscheidend geprägt. Im 18. Jahrhundert gab es bereits mehr als zwanzig verschiedene Hunderassen in Europa. Hunde waren nicht mehr so sehr das Privileg des Adels, sondern
der Oberschicht. Ein Dutzend verschiedene Rassen wurde gezüchtet, spezialisiert darauf, die tote Beute zu apportieren. Die Fuchsjagd wurde schließlich zu einer kunstvollen Zeremonie. Dem
komplizierten Jagdritual, der Kleidung und der vornehmen Jagdgesellschaft kam mehr Bedeutung zu als dem Erlegen des Wilds.
Hundeglück für alle
Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte ein dramatischer Wandel ein. Hunde waren nun nicht mehr nur den begüterten Gesellschaftsschichten vorbehalten. Airedale-Terrier wurde beispielsweise von
Fabrikarbeitern an den Ufern des Flusses Aire gezüchtet, um Otter zu jagen. Infolge der Industrialisierung verließen viele Menschen das Land und zogen in die Städte. Kleine schwarz-braune Terrier
wurden ursprünglich von Stadtbewohnern zur Rattenjagd abgerichtet. In trostlosen Großstädten hatten immer mehr Menschen das Bedürfnis nach Gesellschaft, also züchtete man immer mehr Hunderassen
zu diesem Zweck.
Zucht als Geschäft
Wichtiger als die Funktion eines Hundes wurde nun sein Aussehen. Züchten wurde zum Geschäft. Das hatte seinen Preis. Bis heute werden unsere Hunde, um Rassestandards einzuhalten, verstümmelt:
Durch Coupieren der Ohren, Stutzen der Schwänze oder sogar Durchtrennen der Kniesehnen. Bewusst oder unbewusst haben wir angeborene Missbildungen weitergezüchtet. Über dreihundert ererbte Defekte
kommen bei Hunden vor, und immer wieder tauchen neue auf. Die Bulldogge ist eine Rasse aus dem 19. Jahrhundert, die aus Hunden für die Stierhatz hervorgegangen ist. In viktorianischer Zeit nutzte
man eine Erbkrankheit namens Achondroplasie, um den Körper der Bulldogge zu verkürzen und zu deformieren.
Den viktorianischen Arbeitern gefiel die Kampflust der Vierbeiner und sie züchteten einen Terrier, der noch beweglicher war als die Bulldogge. Der Bullterrier musste sich im vermutlich
grausamsten aller Wettkämpfe behaupten, dem Hundekampf. In Staffordshire schlug das Herz dieser Leidenschaft und der Staffordshire-Bullterrier war hier König - ein Kraftpaket aus Muskeln und
Sehnen. Heute ist die Aggressivität viktorianischer Kampfhunde weitgehend herausgezüchtet, ihre Treue und Ergebenheit sind geblieben.
BBC Doku: Waldis wilde Wurzeln